Wir wissen, dass Bäume gut für die Luft und Tiere in ihrer Umgebung sind. Sie sind jedoch auch wichtig für den Boden, eine bedrohte Ressource, die laut Yogi, Mystiker und Visionär Sadhguru lebensnotwendig ist.
Die Welt ist reich an Erde. Wenn man darüber nachdenkt, haben die meisten von uns tagtäglich mit Erde zu tun, sei es die Erde im Kräutertopf oder die Erde rund um die Bäume, die unsere Straßen säumen. Warum also warnen manche davor, dass der Welt ein „Bodensterben“ droht, und setzen sich dafür ein, dieses Thema ebenso breit zu diskutieren wie die Anpflanzung und den Schutz von Bäumen?
Warum die Bodenqualität wichtig ist
Mutterboden – die obersten 12–24 cm – hat die höchste Konzentration von organischer Substanz und Mikroorganismen. Hier wachsen 95 % unserer Nahrungsmittel. Ohne Mutterboden wird die Ernährung der Erdbevölkerung zu einem großen Problem. In nur einem Teelöffel Mutterboden leben mehr Mikroben als Menschen auf der Erde. Wie alle guten Dinge brauchen sie jedoch Zeit, um sich zu entwickeln – rund 1.000 Jahre für nur 3 cm, wie Maria Helena Semedo, die aktuelle stellvertretende Generaldirektorin der Food and Agriculture Organization erklärt. Umso besorgniserregender sind die Prognosen von Experten, dass wir nur noch für 80–100 Jahre hochwertigen Boden haben (aufgrund diverser Faktoren wie dem Klimawandel).
Eine schlechte Bodenqualität beeinträchtigt den Nährwert unserer Nahrungsmittel. Ein Mangel an Mikroben bedeutet, dass der Boden im Laufe der Zeit wie Sand wird – trocken und für den Anbau von Nahrungsmitteln ungeeignet. Das World Resources Institute weist darauf hin, dass „degradierte Böden, insbesondere in den Trockengebieten Afrikas, sich auf ein Viertel der weltweiten Anbaufläche auswirken könnten.“ Hier muss nach Möglichkeiten geforscht werden, wie die Bodengesundheit wiederhergestellt werden kann. Dies ist eine der Möglichkeiten, um die nachhaltige Ernährung der Bevölkerung in Zukunft sicherzustellen.
Wie Sadhguru unseren Boden rettet
Aus diesem Grund hat Sadhguru, Yogi, Mystiker und Visionär und einer der 50 einflussreichsten Menschen in Indien die weltweite Save Soil-Bewegung ins Leben gerufen, um Menschen zusammenzubringen, das Bewusstsein zu schärfen und sich für die Bodengesundheit einzusetzen. Unterstützt wird er dabei von Persönlichkeiten wie Deepak Chopra, Dr. Jane Goodall DBE, Rosario Dawson, Tony Robbins, dem Dalai Lama und vielen anderen. Sadhgurus Ziel ist es, führende Politiker auf der ganzen Welt zu bitten, sich für die Regeneration von mindestens 3–6 % der organischen Substanzen im Boden einzusetzen. Sein Einsatz geht so weit, dass er 2022 zu einer 100-tägigen 30.000 km langen Reise von Großbritannien nach Indien aufbrach, die ihn durch 25 Länder führte, wo er Bürger, führende Politiker und Experten traf, um das Bewusstsein für dieses Thema zu schärfen.
Denn nicht nur unsere Nahrungsmittel stehen auf dem Spiel, obwohl das schon Motivation genug sein dürfte. Aktivisten wie Sadhguru weisen auch auf die Umweltauswirkungen hin. Organische Substanzen in nährstoffreichen Böden können bis zu 90 % ihres Gewichts an Wasser halten und im Laufe der Zeit langsam abgeben, was in dürregefährdeten Regionen lebenswichtig ist. Ausgelaugter Boden kann kein Wasser aufnehmen oder den Wasserfluss regulieren, was im Laufe der Zeit zu Wasserknappheit, Dürreperioden und Überflutungen führen würde.
Doch der Klimawandel wirkt sich nicht nur auf die Qualität des Mutterbodens aus, umgekehrt hat auch der Mangel an nährstoffreichem Boden Einfluss auf den Klimawandel. Die Menge des im Boden gespeicherten Kohlenstoffs ist dreimal so hoch wie in lebenden Pflanzen und zweimal so hoch wie in der Atmosphäre. Wenn die Böden auf der Erde nicht regeneriert werden, könnten 850 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangen, mehr als die gesamten Emissionen der Weltbevölkerung in den vergangenen 30 Jahren.
Mehr über Böden erfährst du unter consciousplanet.org.
Was können wir tun, um den Boden zu retten?
Zunächst einmal die Bäume nicht vergessen. Studien haben gezeigt, dass Baumwachstum und -erhaltung bei der Regeneration der Bodenqualität eine wichtige Rolle spielen. Der Schatten von Bäumen verbessert nachweislich die Bodenqualität. Zudem wird in einer Studie zu Schattenbäumen, also Bäumen, die hauptsächlich gepflanzt werden, um Schatten zu spenden, darauf hingewiesen, dass sie “den Boden mit einer Laubschicht bedecken, die wie Mulch wirkt und den Boden mit organischen Substanzen und Mineralien versorgt.”
Rituals will bis Ende des Jahres fünf Millionen Bäume pflanzen, schützen und erhalten. Im Rahmen unserer Rituals Earth Week 2022 (18.–24. April), die den internationalen Tag der Erde (22. April) unterstützt, werden wir für jeden Refill, den du kaufst einem Baum helfen, nicht nur während der Earth Week, sondern bei jeden erneuten Refill, den du kaufst. Unterdessen ruft Sadhguru uns alle dazu auf, unsere Stimme zu erheben und auf dieses weniger bekannte Thema aufmerksam zu machen, ob über Social Media oder in Gesprächen mit Lokalpolitikern oder Freunden und Familie. Um mehr herauszufinden, ist es uns gelungen, ihn auf seiner abenteuerlichen Motorradtour zu treffen. Folgendes hatte er zu sagen …
Rituals: Kannst Du Dich erinnern, wann und wo Dir zum ersten Mal bewusst wurde, wie gefährdet die Zukunft des Bodens ist?
Sadhguru: Diese Reise begann, was die Erfahrung betrifft, schon sehr früh in meinem Leben, denn ich war schon immer im Freien und habe ein gewisses Gespür für das Land. Mein Engagement war also sehr langfristig, aber handlungsorientiert wurde ich erst 1998.
1998 sagte ein Expertenteam voraus, dass Tamil Nadu (ein Bundesstaat in Indien) bis 2025 zu einer Wüste werden würde. Ich mag keine Vorhersagen. Die Menschen machen Vorhersagen auf der Grundlage von Statistiken und kalten Zahlen; sie berücksichtigen das Streben und die Sehnsucht der Menschen nicht und das, was im Herzen der Menschen schlägt. Ich beschloss, durch Tamil Nadu zu fahren und mich umzusehen. Mir wurde klar, dass wir es vielleicht nicht einmal bis 2025 schaffen würden! Kleine Flüsse waren ausgetrocknet, Häuser wurden auf Flussbetten gebaut, und der Boden ist nicht feucht genug, dass nicht einmal Palmen - Wüstenpflanzen - überleben können. Also starteten wir ein Projekt namens Project GreenHands, um 114 Millionen Bäume zu pflanzen, genug, um die Landfläche von Tamil Nadu zu mindestens 33% zu begrünen, was das nationale Ziel war. Bis jetzt haben wir 65 Millionen Bäume gepflanzt.
Seitdem habe ich laut über den Boden gesprochen. Es ist nicht so, dass uns plötzlich die "Conscious Planet - Save Soil" (“Bewusster Planet - Rette den Boden”) Bewegung eingefallen wäre. In den letzten Jahrzehnten haben wir daran gearbeitet. Ob es nun Project GreenHands war oder später die Initiativen Rally for Rivers oder Cauvery Calling, in vielerlei Hinsicht sind das keine unterschiedlichen Dinge - es ging immer um den Boden.
Aus diesem Grund haben wir die Bewegung "Conscious Planet - Save Soil" (“Bewusster Planet - Rette den Boden”) ins Leben gerufen. Als Teil der Bewegung versuchen wir, mindestens 3,5 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt zu erreichen, um alle politischen Parteien und Regierungen zu einer langfristigen Bodenregenerierungspolitik zu bewegen.
Rituals: Warum hast Du Dich für eine Reise mit dem Motorrad entschieden?
Sadhguru: Ich fahre alleine mit dem Motorrad von London nach Südindien und lege dabei 30.000 km in 100 Tagen zurück. Es ist keine Spaßfahrt. Unterwegs haben wir Termine mit verschiedenen Staatsoberhäuptern, Landwirtschafts- und Umweltministern, Influencern und bekannten Persönlichkeiten vereinbart. Wir haben auch ein allgemeines Maßnahmen-Dokument mit Sonderausgaben für jede Region der Welt erstellt. Wir haben 730 politische Parteien in der ganzen Welt angeschrieben, um die Regeneration des Bodens in ihre politische Agenda aufzunehmen. Die Idee hinter dieser Motorradtour ist genau das: Wenn ich in verschiedene Länder fliege, werden sich die Türen nicht öffnen. Sie müssen sehen, dass ich mein Leben ein wenig aufs Spiel setze.
Ich mache das, weil wir als Generation die Herausforderung und das Privileg haben, dass wir die Generation sein können, die vom Rande einer Katastrophe zurückkehrt. Oder wir könnten die Generation sein, die verschlafen hat und umgefallen ist. Deshalb muss dies jetzt geschehen.
Rituals: Du hast gesagt: "Wollen wir eine bedauernde oder eine verantwortungsvolle Generation sein?", aber weltweit scheint es so viel zu geben, wofür man verantwortlich sein kann! Warum glaubst Du, dass dies DAS Thema ist, hinter dem wir uns alle vereinen sollten?
Sadhguru: Als ich bei einer der UN-Organisationen war, wurde ich gefragt: "Sadhguru, was sind die drei wichtigsten Dinge, um die wir uns kümmern müssen?" Ich sagte: "Boden, Boden und Boden!", denn er ist mit allem verbunden.
Denn wenn man diese eine Sache in Ordnung bringt, wird alles auf natürliche Weise in Ordnung gebracht werden. Ob wir den Klimawandel umkehren, Kohlenstoff binden, den Temperaturanstieg in der Welt begrenzen oder die Wasserknappheit lösen wollen, wir müssen den Boden in Ordnung bringen.
Der Boden ist eine sehr wichtige Kohlenstoffsenke und der größte Wasserspeicher des Planeten. Der größte Teil des Kohlenstoffs befand sich schon immer im Boden, aber jetzt ist ein großer Teil davon in der Atmosphäre, wo er nicht sein sollte, und verursacht die globale Erwärmung. Derselbe Boden, der Kohlendioxid und Methan aus der Atmosphäre aufnehmen kann, gibt es jetzt wieder ab, einfach weil wir das Land gepflügt und offen lassen, ohne jegliche mikrobielle Aktivität. In dem Maße, in dem die mikrobielle Artenvielfalt abnimmt, nimmt auch der Ausstoß von Gasen aus dem Boden zu.
Dies geschieht auch durch die Emissionen der Industrie und die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl usw. Aber fast vierzig Prozent der globalen Erwärmung sind einfach auf die Bodendegradation zurückzuführen.
Wenn der Boden reichhaltig ist, gibt es auch Wasser. Wenn der Boden reichhaltig ist und genügend Vegetation darauf wächst, wird die Luft gereinigt. Unsere Aufmerksamkeit muss sich also auf den Boden verlagern.
Wenn wir jetzt anfangen, wird es in 15-25 Jahren eine deutliche Wende geben. Aber sagen wir, wir warten noch 25-50 Jahre und versuchen dann, die Wende herbeizuführen, dann sagen sie, kann es bis zu 200 Jahre dauern. Und dieser Zeitraum wird für den Menschen als Spezies katastrophal sein.
Rituals: Wie kann man positiv bleiben, wenn so viel auf dem Spiel steht und sich so wenig zu ändern scheint?
Sadhguru: Die Menschen denken alle, dass die Regierungen nichts tun. Aber wenn die Menschen in einer Demokratie der Regierung kein Mandat erteilen, wie sollen die Regierungen dann langfristige Investitionen tätigen? Die Menschen fragen nach Kleinigkeiten, also bieten die Regierungen Kleinigkeiten an. Wenn die Menschen langfristiges Engagement zeigen, werden die Regierungen es tun.
Bisher gab es in allen Ländern eine spektakuläre Reaktion der Bevölkerung. Auch die Regierungen sind äußerst positiv gestimmt, aber ihre Reaktion ist wegen des Krieges in der Ukraine und des Flüchtlingszustroms in diese Länder etwas gedämpft. Ansonsten haben sich die Dinge auf wunderbare Weise entwickelt. Sechs karibische Länder haben mit uns Absichtserklärungen unterzeichnet, und acht weitere, darunter einige südamerikanische Länder, sind in Vorbereitung. Das Commonwealth of Nations, das eine Bevölkerung von 2,5 Milliarden Menschen umfasst, hat erklärt, dass es mit uns zusammenarbeiten wird. Mehrere Organisationen der Vereinten Nationen haben sich mit uns zusammengetan - das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD), das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), das Welternährungsprogramm (WFP) - sowie die Internationale Union für die Erhaltung der Natur (IUCN).
Wir haben den italienischen Landwirtschaftsminister in Rom getroffen. Wir trafen eine wichtige Person in der Umweltabteilung der Vatikanstadt. Wir haben eine Absichtserklärung mit der Organisation "4 pro 1000" in Frankreich unterzeichnet. Sie stehen voll hinter der Bewegung. Ich habe so viele andere Leute getroffen, und alle unterstützen sie. Sie haben alle nur darauf gewartet, dass ein Idiot die Katze aus dem Sack lässt. Und hier bin ich!
Rituals: Rituals setzt sich für die Anpflanzung und den Schutz von Bäumen ein - wie können mehr Bäume die Qualität des Bodens verbessern?
Sadhguru: Die Wüstenbildung unseres Bodens schreitet so schnell voran, denn jedes Mal, wenn wir etwas anbauen, wird der organische Inhalt von den Nutzpflanzen aufgenommen, aber nichts wird dem Boden wieder zugeführt. In einem tropischen Wald liegt der organische Anteil im Boden, der sich aus Pflanzenstreu und tierischen Abfällen zusammensetzt, bei etwa siebzig Prozent oder mehr. In landwirtschaftlichen Böden sollte der organische Anteil mindestens drei bis sechs Prozent betragen. Doch derzeit liegt der organische Anteil auf fast vierzig Prozent der landwirtschaftlichen Flächen weltweit unter 0,5%.
Was werden wir also tun? Es gibt nur zwei Möglichkeiten, den Boden mit organischen Stoffen zu versorgen: Grünabfälle aus der Vegetation und tierische Abfälle. Tiere wieder auf den Hof zu bringen, kommt nicht in Frage, weil die Menschen sich an den Komfort der Maschinen gewöhnt haben. Die beste Möglichkeit, die wir haben, ist also die Wiedereinbringung von Vegetation.
Rituals: Was ist die eine Sache, die jeder von uns tun kann, um einen Unterschied zu machen?
Sadhguru: Im Moment wollen alle ihre Hände in die Erde stecken, weil sie inspiriert sind. Das ist nicht das, was wir brauchen. Wenn wir an einer Lösung und nicht nur an persönlicher Befriedigung interessiert sind, muss die Regeneration des Bodens in der Politik jeder Nation verankert werden. Denn es mag sein, dass im Moment jemand den Boden auf seinem Bauernhof gut bearbeitet, aber welche Garantie gibt es, dass die nächste Generation das fortsetzen wird? Sie könnten ihn in eine Wüste verwandeln. Genau das haben wir in ein oder zwei Generationen gemacht, nicht wahr?
Wie wir also mit unserem Boden umgehen, muss in der Politik verankert werden. Wir müssen verstehen, dass der Boden nicht unser Eigentum ist. Er ist ein Erbe. Wir haben ihn von früheren Generationen geerbt. Es ist sehr wichtig, dass wir ihn den künftigen Generationen in seinem lebendigen Zustand übergeben - als lebendigen Boden, nicht als totes Material.
Die Europäische Union war im Begriff, eine Rechtsvorschrift oder eine Empfehlung für alle Länder zur Einführung einer regenerativen Landwirtschaft vorzulegen, was sehr positiv gewesen wäre, aber leider wurde dies mit Verweis auf den Krieg verschoben. Der Krieg ist eine unglückliche Realität. Aber das Aufschieben lebenswichtiger Dinge ist eine weitere unglückliche Realität. Ich denke nicht, dass wir etwas aufschieben sollten. Wichtige Dinge, vor allem im Bereich der Ökologie, müssen weitergehen.
Wenn sich die Dinge wegen des Krieges verzögern, ist vielleicht eine sechsmonatige Verschiebung in Ordnung - aber nicht eine jahrelange Verschiebung. Die Menschen in Europa sollten sie zumindest auffordern, den Termin zu vorzuziehen. Ihr könnt an Euren örtlichen Regierungschef schreiben und alle Eure Freunde und Kinder dazu bringen, ihnen zu schreiben. Wenn eine Million Briefe an Eure Regierungschefs gelangen, wird die Sache erledigt werden. Sie können es nicht ignorieren.
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